Der Lübbecker Friedhof wurde am 7. Juli 1839 mit einer Feierstunde in Anwesenheit des evangelischen Lübbecker Pfarrers Möller und eines katholischen Geistlichen aus Minden eingeweiht. In Lübbecke wohnten zu dieser Zeit etwa 2500 evangelische Christen, 100 Juden und 30 Katholiken.
Die ursprüngliche Anlage bestand nur aus dem nördlichen Teil mit Wegekreuz, zentralem Rondell und umlaufenden Wegen. Heute ist er ein Spiegel dafür, wie sich im Laufe der Zeit die Friedhofskultur gewandelt hat in Hinsicht auf die Gestaltung von der streng geometrischen Anlage bei der Eröffnung bis zur offenen Parklandschaft der letzten Erweiterung 1998.
Erwähnenswert ist auch die Angliederung eines jüdischen Friedhofs von 1863, der seit dem Erlöschen der jüdischen Gemeinde während der NS-Zeit nicht mehr belegt wird.
Viele der hier ruhenden Bürger haben über die Jahre das Leben der Stadt als Baumeister, Industrielle, Kaufleute und Handwerker mitgeprägt.
Da der Lübbecker Friedhof seit Beginn ein kommunaler Friedhof ist, kann hier jeder ohne Rücksicht auf seine Konfession beigesetzt werden.
Wir finden hier alle Bestattungsformen vom repräsentativen Familiengrab bis zum Urnengrab unter einem Baum. Auch sind Bestattungen nach muslimischer Tradition möglich. Dafür ist ein extra Gräberfeld reserviert.
Stadtgeschichte
Die Lübbecker Brauerfamilie Barre unterhält die größte Familiengrabanlage auf unserem Friedhof.
Ernst Johann Barre gründete 1842 die Brauerei. Sie ist heute immer noch im Familienbesitz in der 6.Generation. Auf der Südwestseite befinden sich drei Generationen der Brauereibesitzer hintereinander, jeweils mit einem Stein von 1927 (Louis), 1937 (Ernst Ludwig I, ihm zu Ehren wurde das Bierbrunnenfest von seinem Sohn gestiftet) und 1965 (Ernst Ludwig II), Großvater von Christoph Barre, dem derzeitigen Brauereichef. Grabsteine weiterer Verwandter der Familie sind an der Nord- und Ostseite der Grabanlage zu finden.
Familiengrabstellen deutscher Sinti
1917 starb Meisel Schmidt. er war Oberhaupt einer Sippe deutscher Sinti, die sich in Lübbecke aufhielt.
Nach den Bestattungsriten der katholischen Sinti dürfen die Toten nicht verbrannt werden und mit Erde in Berührung kommen. Sie werden in einem Kammergrab beigesetzt.
Oft war ihnen die Bestattung auf kirchlichen Friedhöfen verwehrt. Pfarrer Güse sorgte dafür, dass Meisel Schmidt auf unserem städtischen Friedhof beigesetzt werden konnte.
Die Mitglieder seiner Sippe werden auch heute noch hier bestattet. Die Gräber sind während des Nazi-Regimes nie geschändet worden.
Von Leichenhemden, Totenwachen und Spökenkiekern
Früher wurden Tod und Trauer unmittelbar in Familie und Nachbarschaft erlebt und waren nicht selten. Die Angst vor dem eigenen Tod, das Erleben von zum Teil qualvollen Sterbeprozessen, unerklärliche Phänomene und Machtlosigkeit gegenüber unheilbaren Krankheiten mündeten in Aberglaube und in „Schutzrituale“, die zum Teil heute noch befolgt werden.
Unter dem oben aufgeführten Titel hat das Stadtarchiv Lübbecke eine spannende Ausarbeitung veröffentlicht.
Foto: Beerdigungszug in Blasheim 1949 © Stadtarchiv Lübbecke
Spuren der Weltkriege
An mehreren Stellen auf unserem Friedhof befinden sich Gedenksteine an vermisste oder gefallene Soldaten aus den beiden Weltkriegen. Einige sind noch immer auf den Grabstellen der Familien aufgestellt, andere haben einen neuen Standort erhalten.
Zwischen 1941 und 1945 gab es am alten Lübbecker Krankenhaus eine Baracke für Zwangsarbeiter und Quarantänefälle. Die dort Verstorbenen wurden an der heutigen Stelle, zum Teil nach Umbettung, zusammengeführt. Dafür sorgten die evangelischen und katholischen Pfarrer.
Links: Ein Gedenkstein für den im Ersten Weltkrieg im Alter von 25 Jahren gefallenen Apotheker Wilhelm Upmeyer mit der Pickelhaube und dem Eisernen Kreuz, den Symbolen für Kaiser und Reich.
Inschrift: Zum Andenken an Wilhelm Upmeyer / Leutnant der Reserve / im Res.Inf. Regt. Nr.25 / Inh. des Eisernen Kreuzes / geb. am 10. Mai 1891 / gefallen für sein Vaterland / am 5. Juli 1916 beim Sturm / auf Bellovene Santerre. / Ich lebe und Ihr sollt auch leben.